Malaysia vereint die Kulturen

 

Reiseroute: Kuala Lumpur, Langkawi, Penang/George town, Cemeron Highlands, Taman Negara, Melaka

 

Malaysia – das ist Little India, Chinatown, arabische Anlagen, englische Kolonialbauten, holländische Windmühlen, portugiesische Siedlungen und malayische Märkte. An einem Tag bete ich in einer Kirche, lausche den Mantras der Hindu-Tempel, wandele durch Moscheen und beräuchere chinesische Ahnenaltäre. Der Zauber Malaysias steckt in der Erfahrung von Einheit und Harmonie.

 

Ich stelle mich darauf ein, ein wandelnder Geldbeutel zu sein

 

Vor der Abreise habe ich keine Vorstellung vom Land. Um ehrlich zu sein, die Suche nach einem günstigen Flug in die Ferne brachte uns auf Malaysia. Ich erwarte ein asiatisches Fernreiseziel für abgespannte, wärmesuchende Europäer, die in ihrer touristischen Blase nicht ansatzweise mit dem Alltag der Bevölkerung in Berührung kommen und Einheimische, die an jeder Ecke Reisetouren, Essen, Souvenirs oder Taxis anpreisen und wütend werden, wenn man ihre Dienstleistungen nicht in Anspruch nimmt. Meine bisherigen Reisen brachten neben schönen Erlebnissen auch immer nervige Auseinandersetzungen mit kulturellen Mauern. Das gipfelt bei Eltern, die ihre Kinder aufstacheln, um meine Münzen zu ergattern. Für sie bin ich ein wandelnder Geldbeutel. Der Tiefpunkt ist erreicht, wenn ich wütend auf unschuldige Kinder werde, obwohl mein Wohlstand auf der Ausbeutung ihrer Länder aufbaut. Nicht selten endet der Urlaub im Weltschmerz. Doch in Malaysia werde ich nicht angebettelt, nicht angefasst und noch nicht einmal angestarrt. Straßenkinder gibt es nicht und die Einheimischen lächeln mich freundlich und mit respektvollem Abstand an. Alles ist anders.

 

Wo geht´s hier nach Chinatown?

 

Der lange Flug ist ideal, um mit meinem Freund eine Reiseroute für 23 Tage auszuarbeiten.Zur Stressvermeidung nehmen wir uns einen übersichtlichen Abschnitt vor: die Westküste Westmalaysias. Eine ganzjährig bereisbare Region, in der es keinen Monsun gibt. Bei Durchschnittlichen 30 Grad sind vorüberziehend Schauer angenehm. Von der Hauptstadt Kuala Lumpur aus soll es über die Strände der Insel Langkawi an der Grenze Thailands zur Weltkulturerbestadt George Town auf der Insel Penang gehen. Zur Abkühlung ins gebirgige Wanderparadies Cameron Highland. Zum Schluss in den tropischen Dschungel des Nationalparks Teman Negara und in die historische Hafenstadt Melakka. Durchschnittliche Busfahrzeiten: 5 Stunden. Super machbar. Kurz vor der Landung suchen wir einen Stadtteil in Kuala Lumpur aus, den wir ansteuern. Die Wahl fällt auf Chinatown, das für Nachtmarkt, Essensstände und günstige Unterkünfte berühmt ist.

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Irgendwie vermischt Malysia manchmal ein paar Religionen zum neuen Design

Schnell wird klar, dass Malaysia moderner ist als ich. Mit meinem vorsintflutlichen Netbook hinke ich den I-Pads, -Pods und -Phones hinterher, die Einheimische in den Händen halten. Eine hochmoderne Schnellbahn führt in die Stadt, wo wir uns in einer futuristischen Metrostation inmitten vom Gewirr stählerner Gänge wiederfinden. So stelle ich mir Hong Kong vor. Blicke auf U-Bahn-Pläne ändern nichts an der Orientierungslosigkeit. „Wo geht´s hier nach Chinatown?“, frage ich einen jungen Mann. Zu meinem erstaunen spricht er ein klares Englisch, wie viele Malaysier und begleitet mich zum Ticketautomaten. Er zieht Fahrscheine und erklärt den Weg. Seine übereifrige Hilfe macht mich misstrauisch. „Kram schon mal Kleingeld raus, wie viel müssen wir jetzt geben?“, zische ich meinem Freund zu. Aber der Mann lächelt nur, wünscht eine gute Reise und verschwindet. Auf den Straßen fallen mir lächelnde Gesichter auf, die uns zurückhaltend willkommen heißen. Schon jetzt überkommt mich ein wohliges Gefühl von Harmonie. Es zieht sich durch den ganzen Urlaub. Der Nachtmarkt Chinatowns verläuft über zwei Fußgängerzonen. Es herrscht ein gemütliches Treiben. Über uns leuchtet ein Dach aus roten Laternen. Als ich mich umschaue, staune ich. „Chinatown“ kommt nicht von ungefähr. Hier sind ja nur Chinesen! Gackernde Mädels ziehen im Hello-Kitty-Outfit vorbei. Eine chinesische Reisegruppe, oder Einheimische? Während der Unterschied woanders ins Auge sticht, bleibt es uns in Malaysia oft ein Rätsel, wer Einheimisch und wer Tourist ist. Wir sehen mehr arabische und asiatische Urlauber, als Reisende der westlichen Hemisphäre. Es gibt keine Kluft zwischen reichen, weißen Urlaubern und armen, dunkelhäutigen Einheimischen. Viele Asiaten und Araber sind wohlhabender als wir. Ein Blick in unseren Reiseführer klärt uns auf: Die Kulturgrenze verschwimmt, weil Malaysia nur zur Hälfte aus Malayen besteht. Fast ein Viertel der Malaysier sind Chinesen, 11 % indigene Ethnien und 7 % Inder. Das Land wurde Jahrhunderte lang von Engländern regiert, die indische Arbeiter mitbrauchten. Die Chinesen flohen einst aus ihrer Heimat nach Malaysia und wurden geschäftige Händler. Seit 1953 ist Malaysia unabhängig.

 

Blick über Kuala Lumpurs Nachtmarkt

Blick über Kuala Lumpurs Nachtmarkt

In einem der Freiluftrestaurants esse ich eine Nudelsuppe, trinke eine Kokosnuss und genieße es nach monatelangem Alltag die ersehnte tropisch, dicke Luft zu atmen und in das Straßenleben eines Landes eintauchen, das keinen Winter kennt. Die Suppe ist spitzenmäßig und das Beste ist, der Kellner lacht mich aus, als ich erklären will, was vegetarisch bedeutet. Sonst wird mir im Ausland immer Hühnchen angeboten, wenn ich sage, dass ich kein Fleisch esse. Aber klar, die indischen Malaysier ernähren sich vegetarisch und die muslimischen Malayen essen kein Schwein. Als Kellner braucht man hier den Durchblick. Auf dem Heimweg stolpern wir über eine Tanzaufführung, farbenfroh und mitreißend. Leider werden wir auf die Bühne gezogen. Peinlich! Aber ich liebe das Land schon jetzt. Ein Gefühl sagt mir, dass ich loslassen darf.

 

Kuala Lumpur tanzt malay

Kuala Lumpur tanzt malay

Heiratende Hindus, Spielwütige Chinesen und Muslimische Überzeugungsarbeit

 

In Kuala Lumpur gibt’s viel zu sehen. Das moderne Vorzeigeviertel, das „Goldene Dreieck“, lassen wir links liegen. Wozu stählerne Twintowers, schickimicki Bars und Wolkenkratzer sehen. Das gibt’s überall. Im Gegensatz zu den nur fünf Gehminuten entfernten chinesisch-taoistischen und hinduistischen Tempeln unweit von der Nationalmoschee. Unglaublich wie nah hier an verschiedenste Götter gebetet wird. Malaysia scheint ein religiöser Schatz zu sein! Technischer Fortschritt und uralte Traditionen schließen sich nicht aus. Als ich die indischen Männer und Frauen vor dem Hindu-Tempel sehe, die wie in Trance Blumenkränze flechten und sich unterhalten, geht mein Herz auf. Ich will auch den ganzen Tag Blumen flechten und quatschen. Das Geschäft läuft gut, gebetet wird immer und ein paar Blumen sollte man Shiva, Lakshmi und Ganesha schon mitbringen, also kaufen wir welche. Im Tempel trommelt ein Inder im weißen Gewand und singt Mantren. Es klingt nach fernen Welten.

 

Das Mantren Universum im Hindutempel Chinatowns von Kuala Lumpur

Das Mantren Universum im Hindutempel „Sri Mahamariamman“

Der taoistische Tempel erscheint weniger andächtig. Vier Chinesen sitzen an einem Tisch und essen Mittag. Im Tempel. Verrückt. Ein paar Schritte weiter ordnet eine Chinesin Räucherstäbchen in ein Regal, das sich über die gesamte Wand zieht und fünf Trillionen Räucherstäbchen zählt. Ich habe gelesen, dass es hier einen Gott für Prüfungen, Kunst und Literatur gibt. Da ich in der Bewerbungsphase stecke und ein Buch schreiben will, möchte ich den Gott unbedingt um seine Gunst bitten. Doch welcher ist es? Gegenüber vom Eingang stehen drei langbärtige Hauptgötter. Links und rechts daneben zwei weitere. Ich beobachte, wie chinesische Geschäftsleute im schicken Armani-Anzug ihre Mittagspause nutzen, um zu beten. Sie entzünden drei Räucherstäbchen pro Gott und stecken sie in eine mit Sand gefüllte Schale. Das kann ich auch. Die Dame am Regal reicht mir eine Packung Räucherstäbchen. Ich muss hilflos wirken, denn schnell kommt eine ältere Dame, um mich in die Kunst der Anbetung einzuweihen. „This is happiness and good luck for students!“ Sie zeigt auf den rechten Gott. Zur Prüfungszeit sollen hier Schlangen von Studenten stehen. Sie zündet ein Bündel Räucherstäbchen an, wedelt damit rum und gibt sie mir zurück. Jetzt wedel ich vor dem Gott und sage mein Gebet auf. Die Dame meint, ich solle mich dem Gott vorstellen. „Hallo ich bin Caterina aus Deutschland…“ Aus Respekt gehe ich von Raum zu Raum, von Gott zu Gott und stelle mich vor. Nur einen einzigen anbeten scheint nicht gut anzukommen, jeder muss mit Räucherstäbchen bewedelt werden. Nach einer gefühlten Stunde bin ich fertig. Die Tempelwächter verabschieden mich lächelnd. Sie freuen sich, dass ich zu ihren Göttern bete. Am Ausgang erblicke ich drei Männer, die um Geld Karten spielen. Im Tempel! Unfassbar.

 

Im chinesischen Ahnentempel "Sin Sze Si Ya" im Herzen Chinatowns

Im chinesischen Ahnentempel „Sin Sze Si Ya“ im Herzen Chinatowns

Mit der U-Bahn erreichen wir die „Batu Caves“. Ein gewaltiges Höhlensystem, das über 400 Millionen Jahre alt sein soll und eine hinduistische Tempelanlage birgt. Am Eingang des ersten Tempels begrüßt uns Hanuman, der Affengott und wacht über eine indische Trauungszeremonie. Ein strahlender Brautvater drückt uns Schachteln mit Nüssen und Bonbons in die Hand. Wir kommen pünktlich zum Ja-Wort. Die wunderschöne Braut ist voller Henna-Tattoes und hat sicher eine lange rituelle Nacht hinter sich. Sie wirken andächtig und glücklich. Auf dem Weg zum Haupttempel stolpern wir über eine Horde Affen. Ich will sie streicheln, aber die Tierchen sind gefährlich. Vor uns reißen sie drei indischen Frauen die Plastiktüten aus der Hand und fletschen die Zähne. Erst jetzt bemerken wir, dass der ganze Tempel voller Affen ist, die Cola trinken und Bonbons auspacken. Vor dem Haupttempel stockt uns der Atem. 272 Stufen führen eine gigantische Treppe zur Haupthöhle hinauf und werden von einer 42 m hohen, weltweit größten Murugan Statue bewacht. Die kühlen, tropfenden Grotten machen die Mühe des Aufstiegs wett. Ein mystisch, schauriger Ort. Sehenswert, obwohl man nichts sieht, ist auch die schwarze Höhle, die nur mit Führung, Helm und Taschenlampe zu besichtigen ist. Unser Guide, eine Höhlenforscherin, vermittelt uns enthusiastisch das Ökosystem Höhle. Ich muss lachen, als ich an die Führungen in Mexiko denke, wo die Guides zeigen, welcher Stalagmit wie eine Jungfrau und welcher Stalaktit wie ein Jesus aussieht. Dagegen bekommen wir hier eine wahre wissenschaftliche Einführung und erfahren, dass in der Höhle der weltweit einzige Wurm lebt, dessen Teile weiterleben, wenn man ihn durchschneidet. Gruselig. Wie kann man das uralte Tempelleben mit dieser hochmodernen Realität vereinen? Wenn uns das zu Hause nur gelänge!

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Das Ja-Wort auf indisch im Hindu-Tempel der Batu Caves im Norden Kuala Lumpurs

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Wo Hanuman-der hinudistische Affengott waltet sind seine treuen Gesellen nicht weit

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Der steile Weg in die Batu Caves

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Die Affen gehen ab

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In den Batu Caves

 

Erst jetzt laufen wir durch das Malayische Viertel und sehen typische Malayen. Die Großstadtmädels tragen Jeans oder geschmeidig fallende, bunte Röcke in wunderschönen Stoffen. Das passende Kopftuch mit Glitzersteinchen darf nicht fehlen. Die Männer sehen unspektakulär aus: lange Hose, langes Hemd, kurze Haare. Eine Bazarstraße führt zu einer prachtvollen Moschee und formt ein Labyrinth von Ständen. Ein Händler neben dem anderen bietet strahlende Stoffe und wallende Kleider an. Saris für Inderinnen, Baumwollkleider für Malayinnen, Seidenoberteile für Chinesinnen, Burkas für arabische Frauen und sogar japanische Kimonos. Ständig bleibe ich stehen, weil ich denke einen schicken Minirock zu erspähen, doch immer sind es extravagante Kopftücher. Ich hätte nie gedacht, dass die so vielseitig sein können und bekomme fast Lust eins zu tragen. Das muss ich auch, als wir die gewaltige Nationalmoschee betreten.

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Kopftücher in allen Farben säumen die Marktstände

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Garküchen mit malyischer Kost

Vor dem Gebetssaal fängt uns ein Moslem ab und erzählt, dass man im Islam keine Statuen anbetet. Der leere Gebetssaal wirkt so groß wie drei Fußballfelder, ihn umgibt eine besondere Atmosphäre.

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Handel ohne Grenzen auf dem Straßenmarkt in Kuala Lumpurs Norden

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Ungünstig wenn der unwissende Touri zur muslimischen Gebetsstunde kommt – dann heißt es auf den Einlass in die Moschee warten

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Das warten lohnt sich – die mayestätische Nationalmoschee umgibt eine zauberhafte Atmosphäre

„Wusstet ihr, dass wir in Malaysia die größte Hindustatue der Welt haben? Das funktioniert nur, weil hier der Islam regiert, eine Religion, die nicht missioniert und jedem seinen Glauben lässt!“

Obwohl mir klar ist, dass diese Unterhaltung müßig wird, muss ich entgegnen, was der freundliche Moslem erwartet:

„Aber es gibt doch Moslems, die für ihren Glauben morden?“

„Ich freue mich, dass westliche Menschen unser Land bereisen und erkennen, dass der Islam nicht das Schreckgespenst ist, was eure Medien propagieren. Wir sind keine Gefahr, sondern eine friedliche Religion! Als wir früher in Spanien waren, durften die Christen und Juden ihren Glauben ausüben. Als die Christen Spanien einnahmen, gab es Zwangskonversionen und Morde.“ „Und die Frauenrechte?“

„Im Islam sind Frauen das Wertvollste, was wir haben! Deshalb müssen wir sie schützen. Die meisten Frauen sind sehr schüchtern. Deshalb wollen sie nicht angeschaut werden. In den Moscheen dürfen sehr schüchterne Frauen in extra Kabinen beten. Sie dürfen aber auch auf die Empore und stehen dann über den Männern.“

„Und warum müssen sie sich bedecken?“ „Keine Frau muss sich bedecken“, erwidert der Moslem und verwirrt mich. In meiner Klamotte fühle ich mich inzwischen sehr seltsam. Das Kopftuch gibt Schutz, erzeugt aber ein Gefühl von Zurückhaltung. „Gott sagt, dass Frauen nur ihre Hände, Füße und ihr Gesicht zeigen sollen, so steht es im Koran und in der Bibel. Ganz schüchterne Frauen wollen nicht mal ihr Gesicht zeigen. Aber das ist die Entscheidung jeder einzelnen Frau!“ Ein Totschlagargument. Gott will, dass wir uns verschleiern. Was soll ich da sagen. Als der Muezzin zum Abendgebet singt, müssen wir gehen.

 

Zwischen Burka und Bikini

 

Als die Beine müde vom Asphalt und die Lungen satt von der Stadtluft sind, erklären wir uns reif für die Insel: Vamos a la playa! Oder auf Malay: Kami pergi ke pantai. Das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturkreise ist nirgends so eindrucksvoll, wie am Traumstrand von Langkawi. Die westlichen Frauen erkennt man am Bikini und an krebsroter Haut. Die Malaysierinnen baden mit Jeans und Kopftuch. Völlig abgefahren find ich die arabischen Touristen. Das ist schon ein seltsames Bild, wenn Frauen in schwarzen Burkas am Strand unter praller Sonne entlang laufen, ins Meerwasser waten und ihre schweren Stoffe über den Sand schleifen. Selbst die Augen mit Schleiern bedeckt. Und an ihrer Seite? Ein braungebrannter Ehemann in kurzen Shorts. Mag sein, dass die Frauen das wollen, aber es kommt mir ungerecht vor. Trotzdem bin ich fasziniert von der Selbstverständlichkeit, wie hier jeder tragen darf, was er möchte, ohne Aufsehen zu erregen. Sind die Menschen tolleranter als ich? Ich scheine die Burka weniger zu akzeptieren, als die Moslems meinen Bikini.

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Chillen auf der Terasse vom gemieteten Eigenheim auf Langkawi

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Stammlokal mit super leckerem „Rati susu“ verwanndt mit Pfannkuchen/Eierkuchen und Milchmädchen

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Traumstrand auf Trauminsel

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Am Wochenende betreiben die Großstädter Beach-Activitys auf Lankawi

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Hoch hinaus – die Seilbahn fährt von Null bis auf 708 Meter zum Gunung mat Cincang hinauf

Hinter dem Strand reihen sich Kleidermärkte und Freiluftrestaurants aneinander. Wir genießen täglich “Roti susu”, eine Art süßer, indischer Crêpe und übernachten in einem sauberen Häusschen. Für Aircondition, eigenem Bad und Terasse zahlren wir 7 Euro pro Person. Malaysia ist für seinen hohen Standart äußerst günstig. Leider zieht die steuerfreie Insel Autofahrer an. Der Nachteil vom Paradies. Ohne motorisierten Untersatz kommt man schwer vom Fleck. Fahrradfahren sehe ich bei gefühlten 40 Grad nicht ein. Spazieren auf befahrenen Teerstraßen ist blöd. Also schön am Strand geblieben und mal nach links, mal nach rechts gelaufen. Ein Highlight sind die Strand-Spaß-Angebote. Warum nicht mal zum Schnorcheln aufs Meer fahren lassen. Die anderen Touristen empfinde ich als überraschend angenehm und umsichtig. Viele denen wir in Bussen und Bars begegnen sind mitte Dreißig und reisen ein paar Monate, da sie sich zwischen zwei Jobs befinden. Beim Schnorcheln mit bunten Fischen und kleinen Haien lernen wir nette Mädels aus Jamaika, den USA, Australien und Irland kennen. In einer nächtlichen Strandbar mit Raggaemusik und saftigen Cocktails werten wir die Urlaubserfahrungen aus.

 

Little Bollywood in George Town

 

Während Langkawi eine typische Strandinsel ist, birgt die südliche Nachbarinsel Penang Großstadtfeeling. Die Weltkulturerbestadt George Town sorgt mit Bars, Straßenkunst und Restaurants für heiteren Trubel. Vor unserem Hostel laden Plastikstühle vor chinesischen Garküchen zum Snacken ein, wir probieren alles und sind begeistert von glibbrigen Sesambällchen, die mit Pflaumenmus gefüllt sind. Von hier aus machen wir verschiedene Tagesauflüge mit den Linienbussen. Besonders beeindruckt mich der “Spice Garden”. Nie zuvor habe ich gesehen wie Zimt, Kardamom, Nelken, Vanille und andere Gewürzarten aus dem Boden wachsen. Bei einer Führung durch das Gartenlabyrinth lernen wir Thomas aus Göttingen kennen, der uns zu einem Grillabend in sein Hostel einlädt. Es gibt Hähnchen, nur Hähnchen. Ich beschäftige mich mit trinken und schaue neugierig in die Runde. Man erzählt uns, dass Viele wochenlang in George Town hängen blieben, obwohl sie nur zwei Nächte bleiben wollten. Was die Stadt genau ausmacht ist schwer zu sagen. Es scheinen weniger die Antiquariate, Kunststände, Restaurants und Cafés zu sein, als viel mehr der reizvolle Mix aus Dynamik und Gelassenheit. Menschen verabreden sich zum Volleyball spielen, Sportevents finden statt, religiöse Rituale und Umzüge ziehen durch die Straßen und gesellige Märkte säumen die Plätze. Das Lebensgefühl zieht Durchreisende in ihren Bann. Der Initiator unseres Grillabends ist ein asiatisch anmutender Mann, der in einem US- Getthoslang redet und jeden Satz mit “oh man” beendet. Er sei in Malaysia geboren, habe seit seinem 4. Lebensjahr in den USA gelebt und sei nun auf den Spuren seiner Herkunft. Neben ihm ein Engländer, der seit 7 Jahren durch die Welt reist und mit 5 Pfund in der Tasche loszog. Ein australisches und ein irisches Pärchen reden in schnellem Englisch, das ich kaum verstehe. Neben mir sitzt ein US-Amerikaner, dessen Mutter von den Phillipinen und dessen Vater aus Japan stammt. Allen fällt die Kinnlade herunter, als eine schüchterne chinesisch anmutende Studentin am Tisch verkündet, sie sei Russin. “Du bist doch keine Russin, du kommst doch ganz klar aus China!”, entgegnen die forschen US-Asiaten etwas rabiat. Leider verunsichern sie die Russin damit sehr. Man könnte sagen das westliche “Großmaul” mit dem Herz auf der Zunge prallt auf die zurückhaltende, ruhige Menthalität der mongolischen Grenzregion. Gelebtes Multikulti. Am nächsten Tag spazieren wir mit dem irischen Paar durch die Stadt und bewundern die Straßenkunst an den Fassaden. Außerdem gelingt es uns an einem einzigen Tag eine Moschee, einen Hindutempel, einen Taotempel und eine Kirche zu besuchen. Damit ist mein Urlaubsziel erreicht. Als Fan indischer Weisheiten und Kochkünste quirle ich über vor Freude, als wir in die Straße einbiegen, die mit “Little India” betittelt ist. Passender wäre “Little Bollywood”. Aus zahlreichen Läden tönt lauthals mitreißende Bollywoodmusik und die Schaufenster sind überfüllt mit bunten Saris, prunkvollem Schmuck und Bauchtanzgeschmeide. Ein Traum. In einem Straßenrestaurant genieße ich indisches Essen und Flair ohne die indische Hygiene erleiden zu müssen.

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Die Weltkulturerbestadt George Town auf der Insel Penang versteckt Streetart vom feinsten in seinen verwinkelten Gassen

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Obacht!

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Little India birgt Bazare mit exquisiten Tinkturen, glitzerndem Schmuck und edelsten Speisen

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Auf dem „Red Market“ in George Town, die Tische sind umringt mit Garküchen thailändischer, indischer, koreanischer, chinesischer und noch viel mehr Kost und Spezialistäten

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Die Nationalfrucht Malaysias „Duran“ schmeckt wie ein Milchshake aus Zwiebeln, Knoblauch und Käsefuß – lecker

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I want to ride my …

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Außerhalb George Towns birgt die Insel Penang Tempel und Gärten

 

Saftiges Grün im vorgetäuschten Paradies

 

Von vielen Eindrücken gefüllt, schalten wir in den kühlen, waldigen und hochgelegenen Cameron Highlands vom Trubel der Städte ab. Drei Tage wandern wir von unserem Hostel in Tanah Rata aus los und bewältigen menschenleere Dschungelpfade. Die Wanderwege auf den Karten täuschen ein System vor, das mit der Realität wenig gemein hat: wir blicken auf überwucherte Vegetation an steilen Hängen. Doch wir fuchsen uns durch und kommen immer irgendwo raus, wo uns ein Bus oder Taxi zurück zur Bleibe bringt. Die Region ist ein grünes Paradies, das leider von Tourismus und Plantagenwirtschaft bedroht ist. Wie unsere Bausünden der 70er Jahre, ragen hier hässliche Massenhotels aus dem Boden. Die Natur bestraft die Bauherren mit Erdrutschen. Man kann den einstigen Urwald noch erahnen, doch die angenehm kühle Höhenlage juckte schon in den Fingern der Engländer. Sie begannen mit Abholzung und Monokulturen, noch heute ist das Teeanbaugebiet der Cameron Highlands ein Exportschlager und die Plantagen ein touristischer Anziehungspunkt. Reihenweise Palmölplantagen gesellen sich dazu. Mit ihren saftig grünen Pflanzen sehen die endlosen Plantagen malerisch schön aus, drehen die einheimische Vegetation aber auf den Kopf. Zum Glück muss für den Tourismus das bisschen Urwald erhalten bleiben, dass wir für abenteuerliche Wanderungen brauchen. Es tut gut durch die schlammigen Böden zu rutschen, sich an Lianen zu hangeln und den kaum beschilderten Wanderweg ins Dorf zu suchen. Der Nervenkitzel, ob man es noch bei Tageslicht schafft zurück zu kommen sorgt für Spannung. Abends belohnen wir uns mit Fußreflexzonenmassagen und leckerem Essen.

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Saftiges Grün auf den Teeplantagen der Cameron Highlands im kühlen Hochland Westmalaysias

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Die Schönheit trügt ein wenig: einstige Artenvielfalt ist heute reine Monokultur, nirgends ist die Erde so fruchtbar wie im kühlen Hochland der Cameron Highlands

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Für Malayen sindd ie saftigen Cameron Highlands ein beliebtes Ausflugsziel, offensichtlich auch für Hochzeitsfotos

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Die djungeligen Wege sind oft schwer zu erkennen aber extrem genial zum Krackseln und Entdecken

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Malayische Kiddies toben in den verkehrsberuhigten Wohnvierteln der Cameron Highlands

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Die Water-Coconut scheint eine weitere Spezialität, in der harten Schale verbirgt sich jedoch kaum Fruchtfleisch, trotzdem spannend

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Urige Vegetation die lange vorm ersten Menschenkind die Erde bewohnte

 

Der älteste Dschungel der Erde

 

Eine lange Bootsfahrt entlang wuchernder Natur führt uns zum 140 Mio Jahre alten Dschungel im Nationalpark Taman Negara. Die Häuser im Ausgangsort für Wanderungen wurden sanft in die Natur eingepflegt, von Monsterhotels keine Spur. Wir beziehen eine Hütte und begrüßen kleine Spinnen sowie den Hausgecko. Eine Fähre über das erdige Wasser führt zu den Trails. Der Dschungel wurde bislang weitestgehend sich selbst überlassen und scheint endlos. Die Treckingwege bieten Touren für 1 bis 14 Tage und führen in die Tiefen einer Welt, die von Tieren und Pflanzen regiert wird. Für Menschen ist es lebensfeindlich, ich mache drei Schritte und bin über und über mit Schweiß, obwohl ich mit einer angeborenen Schwitzlosigkeit gesegnet bin. Auch Herzprobleme kenne ich nicht, doch aufeinmal höre ich mein Herz wummern. Es ist unfassbar heiß, die Wege führen auf und ab und bei Anstiegen habe ich das Gefühl kaum voran zu kommen. Die erste Erkundung machen wir ohne Guide und stellen fest, dass die Karte mal wieder nur ungefähre Wege abbildet. Wir verlaufen uns auf dem Rundweg und müssen nach einer Stunde wieder alles zurückgehen. Am Abend essen wir im schwimmenden Restaurant auf dem Fluss. Es ist nicht besonders lecker, eher nahrhaft, man ist eben im Outback. Aber das Ambiente ist traumhaft. Nachts überkommt mich eine Erkältung. Unmöglich die Tour mitzumachen. Ich beschließe mich heute vor unsere Hütte zu setzen und die Bewohner des Nationalparks zu beobachten. Sie alle vermieten Hütten, verkaufen Souvenirs, kochen oder bieten Führungen an. Ein paar Männer sitzen vor der provisorischen Rezeption unserer Hüttenanlage, die mit Computer und Wlan ausgestattet ist. Der Alltag geschieht in absoluter Ruhe. Unsere geschäftige Schnellebigkeit würde hier zum Herztot führen. Die Männer reparieren den ganzen Tag einen Stuhl. Sorgfältig begutachten sie ihn, holen Werkzeug und besprechen das Vorgehen. Am Ende des Tages werden sie sagen “Heute haben wir den Stuhl repariert!” Dieses Leben kommt mir unfassbar richtig und gesund vor.

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Der Weg in den Nationalpark „taman negara“ in Westmalaysia führt über einen Urwaldartigen Fluss durch tropisches Gefilde

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Die Lancha transportiert abenteuerlustige Touris in den abgeschiedenen Regenwald

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Das tropische Klima ist Lebensraum für süße Vögelchen

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…aber auch für extrem ekelhaftes Insektengefleuch

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Doch jedes Geschöpf hat wohl seine Schönheit und Berechtigung

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Die Hütte im Regenwald, nicht sicher vor Spinnengetier aber mit allem Notwendigen ausgestattet

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Der Blick in die unendlichen Welten des tropischen Regenwaldes von Westmalaysia, der riesige „Taman Negara“

 

Mein Freund bekommt währenddessen vom Tracking nicht genug. In der Welt von Riesenspinnen, Tausendfüßlern und Lianen jagen ihn Hochgefühle. Er ergreift die Gelegenheit einer privaten Nachtführung. Der Guide leuchtet routiniert auf seltene Tiere. Er weiß genau unter welchem Blatt und an welchem Stock seltene Vögel, Vogelspinnen, Stabheuschrecken und Minizwergrehe lauern. Das Highlight folgt nach der Aufforderung “Taschenlampe aus”. Wie im Märchen leuchten floureszierende Pilze im grünlichen Licht.

 

Die Hafenstadt Melakka

 

Trotz Abenteuerlust war ich froh den Nationalpark zu verlassen. Ich begegne lieber Menschen, als Stabheuschrecken. Also freu ich mich auf Melakka. Dieser Ort riecht geschichtsträchtig und mich überkommt neue Lebensenergie. Ich will wissen, wovon die alten Gebäude Melakkas berichten. Ein Nationalmuseum auf einem riesigen Schiff klärt uns auf. Melakka war der Umschlagsort aller Seefahrer, als Singapur noch ein Dorf war. Holländer, Engländer und Portugiesen besetzten die Stadt. Eine holländische Mühle, englische Kirchen und eine portugiesische Siedlung sind Zeitzeugen.

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Die europäischen, hier holländischen Wurzeln sind in Melakka tief verankert und unverkennbar

Ästhetisch ist Melakka einzigartig. Abends verwandelt es sich in ein asiatisches Paris. Eine romantische Flusspromenade führt durch die koloniale Altstadt. Orange Laternen säumen den Weg und beleuchten rote Kolonialgebäude. Diese Weltkulturerbestadt strotzt mit Forts und Kultstätten. In den verwinkelten Gassen findet ein Nachtmarkt statt. Hier floriert der Handel wie eh und je. Schöne Kleider, Schuhe und asiatische Heilmittel wie Ohrenkerzen wecken meine Neugier. Ein grinsender Chinese drückt meinem Freund eine Packung in die Hand und ruft lauthals: „longer, stronger, bigger!“ Wir lehnen das Potenzmittel dankend ab.

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Die typischen roten Kolonialgebäude im historischen Zentrum von Melakka

 

Am letzten Abend besuchen wir einen evangelischen Gottesdienst. Zwischen den englischen Führbitten und Predigten, die per Powerpoint an die Kirchenwand geworfen werden, singen die Menschen klatschend und tanzend Gospellieder. Mal wieder bin ich begeistert, wie verschiedenste Kulturkreise miteinander feiern. Doch zuletzt wird meine naive Sichtweise in Frage gestellt. Ein chinesischer Künstler, der T-Shirts herstellt erzählt uns in seinem Laden von seinem Leben. Er ist fünfundzwanzig, schnell auf unserer Wellenlänge und beurteilt sein Land kritisch: „Die Politiker tun so, als ob alle Malaysier gleich seien und werfen gegnerischen Parteien Rassismus vor. Doch in Wirklichkeit gab es schon immer Malayen und Malaysier. Malayen sind Moslems, während Malaysier Inder und Chinesen wie ich sind. Meine Uroma kam in dieses Land, doch noch in meinem Reisepass steht, dass ich ein chinesischer Malaysier bin. Für mich ist es schwerer in die Universitäten zu kommen, da dürfen nur 30 % non-moslems studieren. Beamter zu werden ist faktisch unmöglich.“ Diese letzte Unterhaltung trübt mein Bild ein wenig, dabei war es eigentlich klar, dass hinter der schönen Fassade Konflikte stecken. Später höre ich vom harten Vorgehen Malaysias gegen Homosexuelle. Trotzdem. Ich bleibe bei meinem Gefühl, dass es in Malaysia viel Harmonie, Friede und Hilfsbereitschaft gibt. Das Miteinander verschiedenster Kulturen schafft ein Understatement, was Parteien nicht beeinflussen. Ich kehre mit der Einsicht zurück, dass man trotz moderner Techniken und fortschrittlicher Industrie ganz anders leben kann.